Angesichts der großen Informations- und Versorgungsdefizite, mit denen Betroffene seltener Erkrankungen zu kämpfen haben, fühlen sich viele Beteiligte alleingelassen. Sie suchen Mitbetroffene und schließen sich in Selbsthilfegruppen zusammen, um gemeinsam mehr zu erreichen. In Österreich gibt es in diesem Bereich etwa 60 Patienten- und Selbsthilfeorganisationen mit einer größeren Zahl an örtlichen Selbsthilfegruppen. Diese sind freiwillige, lose Zusammenschlüsse von Menschen, die ihre Probleme und deren Lösung selbst aktiv in die Hand nehmen und deren Aktivitäten sich auf die Bewältigung eines gemeinsamen Problems richten: ihrer schwerwiegenden Erkrankung oder Behinderung, von der sie entweder selbst oder als Angehörige betroffen sind.
Selbsthilfegruppen erbringen mittels Information, Beratung, Betreuung, Unterstützung, Förderung oder Hilfe wichtige ergänzende Leistungen, die der institutionelle oder professionelle Sektor nicht willens oder in der Lage ist, zu übernehmen. Ihre Zielsetzung richtet sich vor allem auf ihre Mitglieder, weniger auf Außenstehende. Darin unterscheiden sie sich von anderen Formen des Bürgerengagements. In erster Linie geht es ihnen um eine bessere Bewältigung der persönlichen Lebensumstände ihrer Mitglieder, erst in zweiter um ein Hineinwirken in das soziale und politische Umfeld. Zudem bleiben die meisten Selbsthilfegruppen unter der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle, weil sich Erkrankungen kaum medienwirksam darstellen lassen.
Selbsthilfegruppen wollen mit ihrer Arbeit keinen Gewinn erwirtschaften. Sie arbeiten in eigener Verantwortung, organisieren selbstständig regelmäßige Treffen und halten dadurch ein bestimmtes Maß an sozialen Kontakten. Sie werden nicht von professionellen Helfern geleitet; doch manche ziehen gelegentlich Experten zu bestimmten Fragestellungen hinzu. Die Aktivitäten können von Gruppe zu Gruppe variieren: sie sammeln Informationen und stellen sie zur Verfügung, sie knüpfen Verbindung zu Experten aus Wissenschaft und Forschung, sie starten gemeinsame Unternehmungen und vor allem tauschen sie persönliche Erfahrungen über die täglich anfallenden Probleme aus. Selbsthilfegruppen können medizinische oder andere therapeutische Behandlungen nicht ersetzen, können sie aber sinnvoll unterstützen und ergänzen. Mit alledem leisten sie den Erkrankten und ihren Angehörigen mit Rat und Tat Hilfestellung. Die gemeinsamen (Krankheits-) Erfahrungen bilden einen besonderen Zusammenhalt, der die Grundlage der Verständigung unter den Teilnehmern bildet nach dem Grundsatz: geteiltes Leid ist halbes Leid. Die Gruppe ist ein Mittel, die äußere (soziale) und innere (persönliche) Isolation zu überwinden und dadurch neue Lebensinhalte und Perspektiven zu vermitteln.
Zuweilen scheuen sich Menschen, die in einer Konfliktsituation stehen, einer Selbsthilfegruppe beizutreten, weil sie Fremden gegenüber ihre ganz persönlichen Probleme nicht offenlegen wollen, weil sie andere nicht damit belasten möchten, sich davon keinen Gewinn versprechen, ihre eigenen Probleme zu verdrängen suchen, sich nicht zusätzlich die Probleme anderer aufladen wollen oder ganz allgemein nicht wissen, was sie in der Gruppe erwartet. Wer nicht versucht, insbesondere Letzteres herauszufinden, wird es auch nicht erfahren. Wer dagegen bereit ist, sich mit seiner Erkrankung und ihren Folgen aktiv auseinanderzusetzen, anstatt sich passiv dem Schicksal (und nur der Medizin) zu fügen, wer zu einem neuen Umgang mit seinem Problembereich finden und andere an eigenen Erkenntnissen teilhaben lassen möchte – kurz: wer handeln will, der ist in einer Selbsthilfegruppe willkommen und gut aufgehoben. Die Erfahrung zeigt, dass angesichts des gemeinsamen „Betroffenseins“ etwaige Berührungs- oder andere Ängste rasch verfliegen. Das erfolgreiche Wirken zahlreicher Selbsthilfegruppen ist dafür sichtbarer Beweis.
Huntington-Selbsthilfegruppen gibt es inzwischen in fast allen österreichischen
Bundesländern mit Treffpunkten in Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg, Villach und Wien. Anschriften und Erreichbarkeit aller derzeitigen Huntington-Selbsthilfegruppen in Österreich finden Sie
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Weiterführende Information
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Autor: Ekkehart Brückner Stand: April 2024